Was versteht man in der Praxis eigentlich unter dem Begriff Agilität und wie wird Agilität im Innovationsmanagement eingesetzt?
Die drei zentralen Aspekte von Agilität
Der Begriff Agilität wird in der Literatur und im beruflichen Kontext häufig uneinheitlich gebraucht. Fokussiert man auf die aktuelle Praxis, kristallisieren sich drei wesentliche Aspekte heraus, die Agilität definieren:
1. Schnelle Anpassungsfähigkeit: Unternehmen reagieren rasch und dynamisch auf Veränderungen und sind in der Lage, Prozesse schnell anzupassen, um aufkommende Marktpotenziale ohne Verzögerungen auszuschöpfen. Sie agieren dabei nicht reaktiv, sondern proaktiv, antizipativ und initiativ, um notwendige Anpassungen durchzuführen.
2. Kundenzentriertheit: Verstärkte Kollaboration mit dem Kunden ermöglicht es Unternehmen, schnell und antizipativ auf Kundenwünsche zu reagieren, sowie Kundenreaktionen und -stimmen rasch in Marktwissen zu transformieren. Das agile Vorgehen ist dabei vor allem gekennzeichnet von kurzen Zyklen und Iterationen, das Vorwärtsgehen in kleinen Schritten und die Möglichkeit punktuell und schnell auf Kundenwünsche zu reagieren.
3. Agile Haltung: Ein «agiles Mind-Set» in Unternehmen führt zu veränderten Verhaltens- und Arbeitsweisen der Organisationsmitglieder. Agile Personal- und Führungsinstrumente schaffen gemeinsam mit einer agilen Unternehmenskultur die Rahmenbedingungen für zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten, welches zunehmend in Netzwerken und auf digitalen Plattformen stattfindet. Unternehmen setzen ausserdem auf agile Arbeitsmethoden wie Scrum und Design Thinking, um schneller zu innovativen Lösungen zu kommen.
Agilität kann somit als eine hohe Form der Anpassungsfähigkeit in Hinblick auf Marktveränderungen und Kundenbedürfnisse verstanden werden, die von einer flexiblen agilen Organisationsstruktur getragen wird.
Agilität und Innovationsmanagement
Agiles Innovationsmanagement bringt insbesondere dann Vorteile, wenn beispielsweise weniger planbare Phasen im Innovationsprozess wie etwa die Konzept- oder Prototypenentwicklung besondere Anpassungsfähigkeit verlangen und man schnell auf sich verändernde Kundenanforderungen und technologischen Wandel reagieren möchte.
Vor allem bei der Entwicklung von Geschäftsmodellinnovationen ist Agilität von grosser Bedeutung, da hier die Komplexität und der Neuheitsgrad sehr hoch, die Planbarkeit hingegen gering ist. Agile Methoden eignen sich darüber hinaus für Durchbruchsinnovationen und zur Eroberung von neuen Märkten bzw. Branchen.
Für eine konsequente Ausrichtung des Innovationsmanagements an agilen Prinzipien sind insbesondere nachfolgende Aspekte von hoher Relevanz:
- Offenheit:
Agiles Arbeiten bedeutet, starre Prozesse durch flexible iterative Schleifen und überschaubare Teilaufgaben zu ergänzen bzw. zu ersetzen. Das ist allerdings nur dann möglich, wenn Mitarbeiter und Teams selbstverantwortlich arbeiten können, um auf Veränderungen schnell zu reagieren. Dazu ist es wiederum erforderlich, offen mit z.B. Mitarbeitern anderer Abteilungen zu kommunizieren und die einzelnen Aufgaben transparent zu machen.
- Prototypen:
Für die Entwicklung von Innovationen in der Produktentwicklung können Prototypen erstellt werden. Nach dem Prinzip «Do it. Adapt it. Perfect it.» bzw. «Build Measure Learn» können Nutzer noch unfertige Versionen ausprobieren. Anhand des Feedbacks werden dann Verbesserungen vorgenommen, die das Produkt perfekt auf die Bedürfnisse der Kunden zuschneiden. Prototypen müssen auch nicht immer funktionierende Produktmuster sein, oft hilft auch ein Video oder eine Skizze bereits, um die Grundfunktionen des neuen Produkts zu erklären.
- Zusammenarbeit:
Bei agiler Innovation werden die Grenzen zwischen Teams und Abteilungen bzw. Hersteller und Nutzer aufgelöst. Im Mittelpunkt steht nicht Konkurrenz, sondern das gemeinsame Erreichen eines Ziels, von dem alle Beteiligten profitieren. Dabei geht es nicht nur um Kundenfeedback, sondern um Vernetzung und Wissensaustausch zwischen Unternehmen, Mitarbeitern, Stakeholdern und Kunden – also dem gesamten Ökosystem.
- Anpassungsfähigkeit:
Ein Projekt durchzuplanen und es dann strikt nach diesem Plan umzusetzen, ist in vielen Fällen nicht mehr der beste Weg zum Erfolg. Voraussetzungen ändern sich zu schnell und damit einhergehende neue Herausforderungen sind unvermeidlich. Bei einem agilen Innovationsansatz hingegen sind Adaptionen kein Problem. Denn es geht nicht mehr nur darum, auf veränderte Anforderungen von aussen zu reagieren, sondern auf jeder Stufe des Innovationsprozesses anpassungsfähig zu sein und somit aktiv zu agieren. Mit flexiblen Innovationsprozessen und einer Unternehmenskultur, die Anpassungsfähigkeit fördert, können Unternehmen neuen Herausforderungen erfolgreich begegnen.
Fazit: Agilität als höchste Form der Anpassungsfähigkeit
Agilität ist der Schlüssel für Innovation und eine schnelle Anpassungsfähigkeit – sie wirkt bei Innovationsprozessen wie ein Katalysator. Mit dem Einsatz von agilen Methoden im Innovationsmanagement lassen sich Veränderungen bereits sehr früh antizipieren und erfolgreiche Produkte schneller und in hoher Qualität auf den Markt bringen. Agilität stellt somit einen essentiellen Faktor für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und damit für das Überleben eines Unternehmens dar.
Autorin: Tanja Eschberger
Quelle: https://www.lead-innovation.com